„Schritt für Schritt“
In einem bekannten Kinderbuch von Michael Ende erklärt der Straßenkehrer Beppo:
„Manchmal hat man eine sehr lange Straße vor sich. Man denkt, die ist so schrecklich lang, das kann man niemals schaffen. Aber man darf niemals die ganze Straße auf einmal denken. Man muss nur an den nächsten Schritt denken, an den nächsten Atemzug, an den nächsten Besenstrich. Auf einmal merkt man, dass man Schritt für Schritt die ganze Straße gemacht hat. Man hat gar nicht gemerkt wie, und man ist nicht außer Puste.“
Sich auf das konzentrieren, was jetzt zu tun ist! Sich den Herausforderungen der Gegenwart – so gut es geht – stellen, ohne sich von den Unwägbarkeiten und Eventualitäten der Zukunft „ins Bockshorn jagen zu lassen“: Das wäre die ideale, die angemessene Haltung!
Denn unnötige Sorgen zehren nur an den eigenen Kräften. Unnötige Ängste lähmen nur. Darum sollten „wir uns hüten, durch das Ausmalen bloß möglicher Unglücksfälle unser Herz zu ängstigen“ – schreibt Arthur Schopenhauer in seinen „Aphorismen zur Lebensweisheit“.
Mit nüchterner Gelassenheit ersparen wir uns manche schlaflose Nacht. So schonen wir unsere Kräfte, die wir – besonders in Corona-Zeiten – dringend brauchen.
Es geht hier um jene Einstellung, die schon Jesus seinen Jüngern ans Herz gelegt hat: „Darum sorgt nicht für morgen, denn der morgige Tag wird für das Seine sorgen. Es ist genug, dass jeder Tag seine eigene Plage hat.“ – lesen wir in der Bergpredigt (Matthäus 6,34).
Was ich im Hier und Heute tun kann, das will ich tun, so gut es mir möglich ist. Was erst noch kommen mag an Herausforderungen und Aufgaben, das will ich in Angriff nehmen, sobald die rechte Zeit dafür herangerückt sein wird.
Es zählt die Konzentration auf das jetzt Machbare. Es geht um Achtsamkeit für die Gegenwart mit ihren Möglichkeiten und Aufgaben.
Dazu folgendes Wort aus der Feder von Johannes XXIII:
„Nur für heute werde ich mich bemühen, den Tag zu erleben, ohne das Problem meines Lebens auf einmal lösen zu wollen. Nur für heute werde ich etwas tun, wozu ich eigentlich keine Lust habe. Nur für heute werde ich mich vor zwei Übeln hüten: vor der Hetze und der Unentschlossenheit… Ich will mich nicht entmutigen lassen durch den Gedanken, ich müsste dies alles mein Leben lang durchhalten.“
Achtsam und bereit sein für die Aufgaben und Chancen – auch für das Glück! – der Gegenwart: Das kann eigentlich nur, wer gelassen bleibt im Blick auf das Kommende.
Gelassenheit aber hat sehr viel zu tun mit Vertrauen und mit Zuversicht:
„Weil Gott weiß, was morgen ist, brauchen wir heute keine Angst zu haben.“ – so Heinrich Giesen.
Mit solcher Zuversicht lässt sich die „Lebensstraße“ leichter bewältigen – sicherlich nicht „auf einen Streich“, aber eben doch „Schritt für Schritt“ und „Besenstrich um Besenstrich“.
Bleiben Sie behütet und gesund!
(Christof Schumann, Johanngeorgenstadt)